Who is Anna B. – Künstlerin, Designerin ?
Ein Mensch auf der Suche nach dem persönlichen Glück.
Anna, wer ist eigentlich diese Anna?
Ich habe Sie auf einer Karrieremesse für Frauen kurz kennengelernt und wusste von da an, über sie möchte ich mehr wissen. Nicht nur weil wir beide Wurzeln in Polen haben, beide gerade gründen und sie ein sehr kreativer Mensch sein muss, sondern auch weil sie diese Ausstrahlung hat. Ein gewisses etwas.
Also fragte ich sie irgendwann ob ich sie besuchen kommen könnte. In ihre Wohnung, ihre Kreativschmiede und Werkstatt – ihr persönliches Reich.
Obwohl sie mich schon vorgewarnt hat, mache ich echt große Augen als ich ihre 4 Wände in Erlangen betrete. Alles was ich gerade denken kann ist „Wie geil ist das denn?!“. Ich spüre sofort die Energie die in dieser Wohnung lebt und fühle mich in dem kreativen Chaos, das für manch andere wie eine mittelschwere Katastrophe aussehen mag, wohl und weiß garnicht wo ich als nächstes hinsehen soll.
Papiere und Zettel mit aufgeschriebenen Gedanken und Glaubensfragen kleben zwischen Stoffmustern, Federn, alten Fotos und To do’s. Überall liegen Pinsel, Werkzeug, Farbe, Sprühdosen und Material herum. Ich bemerke eine Guglhupf-Form die als Stiftehalter dient und sehe einen Haufen frischen Ton auf einem Tisch neben dem Computer und frage Anna woran sie da gerade arbeitet. „Ich bin mir noch nicht richtig sicher, was es werden soll“. Sie nimmt gleich die Sprühflasche in die Hand, feuchtet ihr begonnenes Projekt etwas an und fängt gleich an mit einer von ihr erstellten Schablone die Formen nachzuziehen.
„Wow …“ murmel ich leise vor mich hin und schaue weiter in’s Schlafzimmer wo mehrere Bilder auf dem Boden verstreut liegen. „Die habe ich vor ein paar Tagen in den Bergen gemacht, die Kreide musst ich erstmal fixieren, deshalb müssen sie jetzt noch trocknen …“ , erzählt sie mir.
In Ihrer Küche arbeitet Sie gerade an einer neuen Schmuck-Kollektion. Die Gipsformen lassen vermuten dass Anna B. hier von Puppen inspiriert wurde. Sie experimentiert am Look noch herum …
Also fragte ich sie irgendwann ob ich sie besuchen kommen könnte. In ihre Wohnung, ihre Kreativschmiede und Werkstatt – ihr persönliches Reich.
Ich bin geflashed.
So stelle ich mir ein Künstler- & Designatelier vor. Ich glaube irgendwie spiegelt es die Seele der Person wieder.
Anna macht uns Kaffee und wir machen es uns im Wohn- & Arbeitszimmer gemütlich dass gleichzeitig auch die „Werkstatt“ und das Herz der Wohnung bildet.
Wie alles begann.
Der Liebe wegen ist Anna im Jahr 2000 nach Deutschland gekommen und hat ihre Heimat Polen verlassen. Sie versucht lange und fast vergeblich Produktdesign zu studieren. Ihr Stil war den Universitäten oft zu künstlerisch. Nach fast 3 Jahren hat es endlich geklappt und sie erhält einen Studienplatz. Nachdem sie das Studium erfolgreich abgeschlossen hat, fängt sie in einem alt eingesessenen Industriebetrieb an, merkt aber schnell dass das nichts für sie ist. Hier kann sie sich nicht ausleben, nicht kreativ sein. Innovation wird dort nicht gerne gesehen. Also wechselt sie in eine Kreativagentur, mit der Hoffnung dort angekommen zu sein. Doch wie es in der Kreativbranche eben so ist, wird ein extrem schnelles Tempo verlangt. Sie muss funktionieren, wird zum Roboter. Nichts ist wichtiger als die Arbeit.
Langsam schleichen sich Anzeichen von Erschöpfung ein.
Anna beginnt zu zittern, kann nicht mehr schlafen und leidet unter Herzrasen. Ein Arzt schreibt sie sofort krank und rät ihr dringend sich einen neuen Job zu suchen. So kommt es, dass sie eine neue Stelle in einer großen, renommierten Design-Agentur bekommt und kann ihr Glück kaum fassen. Leider hält der Optimismus nicht lange an. Sehr schnell stellt sich heraus dass es einfach nicht passt. Sie kann ihre Vorgesetzten nicht zufrieden stellen, egal wie sehr sie sich anstrengt. Sie vernachlässigt ihre Freunde, verbringt ihre gesamte Zeit im Büro und verliert ihren damaligen Freund. Trotzdem spricht ihr Chef die Dinge aus vor der Sie schon immer Angst hatte, die Dinge die ihr schon im Kopf herumgeistern: sie könne nichts.
Anna verrennt sich in einem Tunnel, ihr Kopf schaltet sich ab. Irgendwas stimmt nicht.
Sie geht zu einem Arzt. Er merkt sofort was Sache ist und schickt sie zu einem Psychologen.
Ihr wird empfohlen in eine Klinik zu gehen um anzufangen an sich zu arbeiten. „Was? Ich in eine Klinik?“ , sind ihre ersten Gedanken. Doch dann denkt sie: „Ich habe eh schon alles verloren – jetzt ist sowieso alles scheiß egal.“ Und sie findet eine Klinik in Erlangen, die es ihr ermöglicht tagsüber an den Behandlungen teilzunehmen und Abends wieder zu Hause schlafen zu können.
„Im Nachhinein betrachtet, ist die Klinik das Beste was mit je passiert ist.“
Die Klinik ist für sie wie eine emotionale Schule, sie beschäftigt sich viel mit sich selbst, hat viele Wow-Momente und schafft es so, nach 2 Monaten ohne Klinik weiter an sich selbst zu arbeiten.
„Man konzentriert sich halt komplett auf sich selbst, dann ändert sich deine ganze Wahrnehmung.“. Sie liest viele Bücher, unter anderem das Café am Rande der Welt und andere von Eckhart Tolle.
Insgesamt war sie 1 Jahr krank geschrieben, denn gegen die damaligen Stimmen die ihr sagen „das ist falsch, du kannst das nicht“, muss sie immer wieder kämpfen.
Sie widmet sich langsam wieder ihren Projekten, ihrer eigenen Kunst.
Es ist wie eine Therapie für sie. Sie beginnt Schmuck aus Lederresten zu verarbeiten und fängt an in der offenen Werkstatt des E-Werks mit Ton zu arbeiten. „In die Arbeit mit Ton habe ich mich dann ganz plötzlich verliebt!“, sagt sie. „Ich war wie verzaubert.“
Das Gefühl plötzlich etwas, das man jahrelang nur 3D am Rechner erstellt hat, dann aber als „echtes 3D“ in den Händen zu halten und die Formen aus dem eigenen Kopf direkt selbst zu gestalten ist für Anna wie eine Einleuchtung gewesen sagt sie. „Vielleicht liegt es auch am Material. Keramik – das IST die Erde. So natürlich & gut.“ überlegt sie weiter …
Ich frage sie woher sie Ihre Ideen kriegt, was sie inspiriert.
„Das ist schwer zu beschreiben. Ich mache was mir gefällt, die Dinge entwickeln sich einfach. Ich kann es nicht kontrollieren, manchmal überkommt es mich einfach wenn ich etwas ganz Alltägliches sehe oder eine Dokumentation im Fernseher schaue“, erklärt sie. Fest steht, sie hat eine Liebe zu Formen & Gestaltung. Strukturen und Oberflächen faszinieren sie einfach.
„Für mich ist Natur die beste Inspirationsquelle“. Anna B.
„Die Bilder die im Schlafzimmer auf dem Boden liegen, weißt du wie sie entstanden sind, was sie bedeuten?“, fragt sie mich und erklärt weiter: „Ich war in den Bergen um das letzte mal das schöne Wetter zu genießen. Außerdem habe ich Höhenangst und versuche sie so langsam zu bekämpfen. Als ich da so saß wollte ich auf dem Boden etwas Zeichen, da ist mir aufgefallen, dass die Strukturen des Untergrunds durch das Papier kommen. Da hat es mich einfach überkommen und ich bin von Felsen zu Felsen gegangen und habe quasi die Formen und Strukturen dieser Millionen Jahre alten Felsen auf das Papier gepaust.“
Wisst ihr, ich persönlich denke, nur so macht Kunst Sinn. Man muss verstehen, wie sie entstanden ist, was der Künstler oder die Künstlerin sich dabei gedacht hat. Nur so kann man in der Kunst etwas sehen. Klar, man findet Bilder entweder schön oder nicht schön, Ästhetik ist etwas dass das Hirn für einen entscheidet. Aber eine Geschichte zu einem Objekt, einem Bild oder zu was auch immer, verändert doch die Wahrnehmung. Das ist etwas das ich in den vergangenen 2 Jahren gelernt habe und ich denke das ist Kunst. Nicht unbedingt ein perfekt gezeichnetes Bild, sondern eine Geschichte, eine Message, auf eine ganz persönliche Art und Weise dargestellt.
Ich liebe es, Anna von ihren Ideen sprechen zu hören. Und ich liebe es, wie vielseitig sie sich ausdrückt. Sie entwirft Schmuck, zeichnet, baut, formt und tobt sich einfach aus.
Who is Anna B.?
Nach allem was sie durchgemacht hat, weiß sie jetzt was sie will. Deshalb hat sie gegründet und ihr Label „Who is Anna B.“ zum Leben erweckt. Sie hat sich lange mit der Frage beschäftigt, wer sie eigentlich ist. Daher der Name. Sie möchte in keine Schublade gesteckt werden, sie möchte sich nicht entscheiden müssen ob sie Künstlerin oder Designerin ist, sie möchte einfach nur machen was sie glücklich macht.
Ihr Onlineshop ist vor einigen Tagen online gegangen. Dort verkauft sie ihre wunderbaren Werke und hofft einfach nur davon Leben zu können. Sie möchte nicht viel, sie will einfach nur glücklich sein.
Als ich sie zum Abschluss frage was sie ihrem jüngeren ich gerne sagen würde, wird sie ganz ruhig. Sie denkt nach und ihr steigen die Tränen in die Augen.
„Ich würde mir sagen, dass ich ehrlich zu mir selbst sein soll. Das ich auf mich selbst schauen soll und nicht auf andere. Ich würde sagen: finde das was dich glücklich macht und mach das. Höre auf dich selbst, bewerte und vergleiche nicht und halte die Balance. In Allem was du tust.“