Lüttich Travelguide – 2 Tage im kulturellen Zentrum Walloniens in Belgien.
Lüttich ist eine Stadt von der ich vorher ehrlicherweise noch nie gehört habe. Bis mein Bruder Anfang des Jahres ganz happy berichtete dass er dort sein Erasmus-Programm absolvieren würde.
Achso, in Belgien ist das … soso und Französisch spricht man dort auch. Nun gut, das war es dann auch schon – weitere Infos gab es erstmal nicht …
… bis ich vor einigen Wochen meinen Bruder für den Umzug nach Lüttich gefahren und mir die Stadt zwei Tage lang angesehen habe.
„Wieso nicht?“ dachte ich mir … „schaue ich mir das Ganze doch mal etwas genauer an.“ Und immerhin ist man in 5 Stunden dort, in der Stadt die nur 39 km südwestlich von Aachen, in der belgischen Region Wallonien liegt.
Wie sonst auch, wenn es mich in eine neue Stadt treibt, habe ich vorab recherchiert was man in Lüttich schönes unternehmen und wo man am besten Essen kann. Tatsächlich ist mir das für Lüttich relativ schwer gefallen, denn auf den gängigen Kanälen Instagram, Pinterest und TripAdvisor bin ich nicht großartig fündig geworden. „Nagut, dann lasse ich mich eben ein bisschen treiben und schaue vor Ort was kommt.“
Mit dieser Einstellung starteten wir an einem Mittwoch um 8 Uhr gen Belgien.
Angekommen in Lüttich, macht sich sofort bemerkbar dass hier vor einigen Jahren viel und hart gearbeitet wurde, die goldenen Zeiten allerdings vorbei sind. Denn früher galt Lüttich aufgrund der Stahlindustrie als Zentrum der Schwerindustrie und trug den Namen „die glühende Stadt“. Seit den 70er Jahren allerdings ist diese Industrie weitgehend aus der Region verschwunden, alte Fabriken stehen leer und die Arbeitslosigkeit ist seitdem dauerhaft mit ca. 26 % relativ hoch. (Zum Vergleich: in Deutschland liegt die Arbeitslosigkeit bei ca. 5 %) !
Trotzdem spitzt die Schönheit und der eingestaubte Glanz hier und da mal durch und ein paar „Ah’s“ und Oh’s“ konnten wir uns bei dem Blick aus dem Autofenster nicht verkneifen.
Die Wohnung meines Bruders befindet sich in der Rue Fusch direkt am botanischen Park, wo auch die Fakultät für Architektur der Universität untergebracht ist. Keine 15 Minuten Fußweg vom Zentrum entfernt. Nachdem das Gepäck ausgeladen ist und wir die Schlüsselübergabe mit der Vermieterin hinter uns gebracht haben, fackeln wir nicht lange und ziehen los in die Stadt um uns einen Überblick zu verschaffen.

Angekommen in Lüttich, macht sich sofort bemerkbar, dass hier vor einigen Jahren viel und hart gearbeitet wurde, die goldenen Zeiten allerdings vorbei sind …
… trotzdem spitzt die Schönheit und der eingestaubte Glanz hier und da mal durch und ein paar „Ah’s“ und Oh’s“ konnten wir uns bei dem Blick aus dem Autofenster nicht verkneifen.
Wir laufen über die Rue Saint-Gilles an der Kathedrale vorbei auf die Rue Pont d’avory, die Straße wo die Shoppingmeile beginnt. Da springt mir auch direkt ein mir bekanntes Logo in’s Gesicht, nämlich das von Dille & Kamille. Einem Shop mit wunderschönen Haushaltswaren. Meine 2 Brüder folgen mir widerwillig und warten brav bis ich meine Runde durch den Shop, den es nur in Belgien und den Niederladen gibt, beendet habe.
Wir machen einen Abstecher zur Universität und schlendern weiter durch die Altstadt zur Place du marché und trinken erstmal ein Bierchen. Wir entscheiden uns für ein Primus der belgischen Brauerei Haacht. Joa .. ein Helles halt ; )
Da es schon Abend wird und wir natürlich belgische Pommes essen möchten, machen wir uns auf die Suche nach den besten Pommes in Lüttich. Viel Auswahl gibt es ehrlicherweise nicht. Wir entscheiden uns für das Burger Restaurant La frite und machen damit einen ganz guten Fang. Frische, leckere, (kleine) hausgemachte Burger gibt’s da und krosse Pommes mit einer riesen Auswahl an tollen Saucen. Wir bestellen die Mayonnaise aus Olivenöl und „Lapin“, eine Bratensauce aus einer Art Hasen-Gulasch. Hier nutzen wir gleich die Gelegenheit und probieren Jupiler, das Bier aus der Stadt Lüttich. Wir machen es uns im oberen Stock gemütlich und genießen die leckere Mahlzeit. Wer also gerne gut Burger und Pommes essen möchte, sollte hier auf jeden Fall vorbeischauen.
Da wir von der Autofahrt schon recht kaputt waren, machen wir uns durch das Kneipenviertel Le Carré auf den Weg nach Hause und stellen fest, dass die Club- und Kneipenszene hier sehr ausgeprägt ist.
Denn Geschäfte, Cafés und kulturelle Einrichtungen schließen verhältnismäßig früh ihre Türen. Darauf muss man sich einstellen und den Tag planen. Denn mit 20 Uhr Ladenschluss sind wir in Bayern doch sehr verwöhnt. In Lüttich muss man sich auf ca. 18 Uhr einstellen.










Den nächsten Tag haben wir mit vielen Programmpunkten vollgepackt.
Das Frühstück haben wir weggelassen um uns den Magen mit den berühmten Lütticher Waffeln vollzuschlagen. Schon am Vortag haben wir beim Vorbeigehen die kleine Bäckerei Une Gaufrette Saperlipopette bermekt und sind beim Betreten des Mini-Ladens garnicht mehr aus dem Staunen herausgekommen. Hunderte kleine Kekse, der Geruch warmer Waffeln, bunte kleine Kuchen und Gebäck wohin das Auge reicht. „wow – das ist das Paradies“ , dachten wir uns und konnten uns garnicht entscheiden was wir kaufen sollten. Also habe ich kurzerhand die Verkäuferin angesprochen und ihr erzählt das wir am liebsten alles essen würden und sie uns doch bitte sagen soll was die besonderen Produkte sind. Da hat das süße Mädel hinter Theke uns doch gleich hier und da probieren lassen und uns zu jedem Gebäckstück zu dem wir eine Frage hatten eine Kostprobe heruntergeschnitten. WOW, das ist mal Service! Tatsächlich hat alles so gut geschmeckt, das uns die Auswahl danach trotzdem nicht leichter viel. Wir haben uns für eine klassische Waffel und eine Waffel mit Zimt sowie kleinem Brandteig-Gebäck entschieden.
OK – und jetzt kommt mein einziger Tipp zu Lüttich, dem ihr wirklich nachgehen solltet. Egal wieviel Zeit ihr in Lüttich habt, auch wenn ihr nur mit dem Zug umsteigt, seht zu dass ihr zu dieser kleinen Bäckerei kommt und die frischen Waffeln probiert. Denn so eine gute Waffel habe ich noch NIE gegessen! Und wo ich gerade daran denke, läuft mir nur so das Wasser im Mund zusammen.
Wenn mein Bruder aus Lüttich wieder zurückkommt, muss ich daran denken ihn zu beauftragen 50 Waffeln mit nach Hause zu bringen damit ich meinen Tiefkühlschrank damit vollmachen kann! Aus dem „Bauch vollschlagen“ ist übrigens nichts geworden, denn schon nach einer Waffel ist man pappsatt.
Optimal gestärkt, stellten wir uns dann einer der bekanntesten To Do’s in Lüttich – der Montagne de Bueren. Einer Treppe mit 374 Stufen. Aber der Aufstieg lohnt sich, denn der Blick auf die Stadt ist von oben wirklich schön. Ein kleiner Fun Fact der mich beim hochgehen wirklich überrascht hat war, dass entlang der Treppe tatsächlich ganz normale Wohnhäuser stehen die nur über die Treppe erreicht werden können. Die Menschen die dort wohnen müssen sicher jeden Tag mindestens 1 Waffel essen damit sie die Kraft haben ihre Haustüre zu erreichen ; )
Über den Berg ging es entlang eines kleinen Spazierwegs wieder nach unten Richtung Saint Leonard und dann zu l’îlot saint-georges, zu einem sehr trostlosen Gebäude dass sich durch ein riesiges, regenbogenfarbenes Graffiti abhebt und ein echter Eyecatcher ist.












Nach einer kurzen Pause ging es weiter über die Maas nach Outre Meuse in die Rue roture, einer versteckten kleinen Gasse mit alten Gasthäusern und noch mehr Street Art. Wir haben den Tipp bekommen das Café Le Petit Bougnat auszuprobieren. Leider hatte es geschlossen als wir dort waren also sind wir direkt weiter, vorbei am Parc d’Avroy, Richtung Bahnhof Liège-Guillemins gelaufen. Ein Highlight das ich mir nicht entgehen lassen wollte. Denn die Architektur, nach Plänen von Santiago Calatrava, bietet sich als super Fotolocation an und hat uns alle wirklich beeindruckt.
Langsam ging es auf den Nachmittag zu und da man sich in Lüttich irgendwie auch ein bisschen in Frankreich befindet, wollten wir – ok wollte ICH – noch eine Patisserie besuchen und leckere Törtchen schlemmen ; ) In der Patisserie Jean Pierre sind wir fündig geworden. Edle Törtchen, Macarons und vieles mehr versüßen einem hier den Nachmittag. Die Boulangerie Schamp sah auch sehr gut aus, konnte ich aber leider aus Zeitgründen nicht ausprobieren.
Nach dem Kuchen ist es für Lütticher Verhältnisse schon spät geworden (18 Uhr) und deshalb haben wir es leider nicht mehr geschafft die Cite de Miroir, ein Kulturzentrum und Museum, zu besuchen da es schon geschlossen war. Für den Rückweg zur Wohnung haben wir uns für einen kleinen Umweg entschieden und sind „obenrum“ wieder Richtung Wohnung gelaufen. Ein paar Meter mehr auf dem Schrittzähler die sich gelohnt haben. In der Rue César Franck wird man mit wunderschönen alten Häusern belohnt die sich mühelos um die Kurven der Straße schlingen.
Fast 16 km Fußweg hatten wir heute zurückgelegt. Kaputt und zufrieden sind wir in’s Bett zu fallen um am nächsten Morgen wieder nach Hause zu fahren und meinen Bruder für sein Auslandssemester zurückzulassen.
















Mein Fazit zu Lüttich:
Wer Prag und Budapest oder auch Breslau als Städtetrip-Ziele schon abgehakt hat, kann sich gut und gerne mal Lüttich auf die Bucketlist schreiben. Man sollte auf jeden Fall gemütliches Schuhwerk mitnehmen und die Stadt zu Fuß erkunden. Viele Öffentliche Verkehrsmittel gibt es ohnehin nicht und auf diese Art und Weise entdeckt man die kleinen Schätze der Stadt, die man manchmal zwischen Staub und Spinnweben suchen muss. Denn alt und teilweise leider heruntergekommen ist die Stadt auf jeden Fall. Das Geld fehlt einfach um die alten Hausfassaden zu renovieren und ansehnlich zu machen. Trotzdem steckt in der Stadt viel Potential. Es gibt viele junge Leute die gerne feiern gehen und am Abend in der Bar ein Bierchen trinken.
Um die Stadt zu erkunden sollte man ca. 3 Tage einplanen. Wer länger bleiben möchte ist mit dem Auto beispielsweise auch schnell in Maastricht, Antwerpen oder Brüssel.